Auf einem der kleinen Flüsschen Masurens mit dem Kanu, Kajak oder Ruderboot zu fahren, gehört zum «Muss» eines Masuren-Aufenthaltes. Zumindest zugucken muss mindestens einmal sein. Ob man sich für ein Kajak, ein Kanu oder eine andere Variation entscheidet, hängt zunächst einmal davon ab, ob man die Unterschiede überhaupt so genau kennt: wir jedenfalls sind schon an dieser Stelle ein wenig überfordert, als wir uns die verschiedenen Werbebroschüren der zahlreichen Anbieter ansehen. Dazu später mehr.
Das alles hält uns nicht davon ab, einfach zu einem der Anbieter zu fahren. Während der Fahrt mit dem Auto wird diskutiert: Soll es die kurze, die mittlere oder eine der längeren Strecken sein? Während die männliche Seite unserer zweiköpfigen Reisekleingruppe festen Willens ist, «mindestens» eine mittellange Strecke in Angriff zu nehmen, setzt sich, wie so häufig, die vernünftige weibliche Seite unter anderem mit Hinweis auf die geschwächte Kondition vom Vortag mit der «kurzen Strecke» durch. Transportmittel zum Kanuanbieter ist das Auto. Das ist naheliegend, weil öffentliche Verkehrsmittel unseres Wissens nicht so gut geeignet sind, mit dem Fahrrad können Frühaufsteher dorthinkommen, komplette Kanuangebote mit Busanfahrt gibt es aber auch.
Als wir in den Ort Krutyń einfahren, erkennen wir: Kanus sind hier das «große Ding». Es gibt einen Anbieter neben dem anderen, schon auf dem Weg in den Ort findet man immer wieder Schilder, dass gerade dieser Kanuanbieter der beste, günstigste und netteste sei. Ganz «Homo oeconomicus» entscheiden wir uns für den, dessen Broschüre wir vorab bekommen haben - unser Vertrauen in unseren Vermieter, der uns die Broschüre gab, ist auch hier groß. Übrigens: Dieses Vertrauen wurde nicht enttäuscht. Bei diesem Kanuanbieter finden wir auch einen bewachten Parkplatz, auf dem wir den Wagen abstellen. Wir lassen das Mobiltelefon darin liegen; ein Anfängerfehler, wie wir später lernen. Keine Sorge: Gestohlen wurde nichts.
Die Mietprozedur ist professionell und unkompliziert: Man spricht Englisch und Deutsch im Vermietbüro, wir wählen wie aus einem Mund die «kurze Route» (was ohne Handy auch gar nicht anders geht, weil auf den längeren Strecken der Kleinbus, der einen wieder abholt, per Handy angefordert werden muss - hier fahren einfach nicht so viele Menschen) und bezahlen unsere Mietpauschale. Das sind 25 złoty für ein Kajak - ein Kanu würde mehr kosten: 40 złoty - dies gilt für die kurze Strecke von 12 Kilometern, die längeren Strecken sind entsprechend etwas teurer.
Nun werden uns auch die Unterschiede zwischen den Wassertransportmitteln etwas klarer: ein Kajak ist für uns zwei Personen und die kurze Strecke völlig ausreichend; ein Kanu nimmt mehr Menschen auf und es gibt auch noch sportlichere Varianten und solche, bei denen Gepäck wassergeschützt transportiert werden kann.
Wir laufen mit unseren Buchungskarten ein paar Meter in den Ort zur Anlegestelle, dürfen ein Boot auswählen und erhalten die Ausstattung: Paddel und Sitzkissen, auch Schwimmwesten für Ängstliche wie uns.
Anfangs stellen wir fest, dass wir an diesem schönen Sommertag nicht als Einzige die Idee des Paddelns hatten: wir schwimmen im Konvoi. Aber das ist nur auf den ersten Metern so, dann verteilt sich die Kanu-Kajak-Flotte so gut, dass man keine besonderen Navigationserfahrungen benötigt, um zu überholen oder überholt zu werden. Und das Paddeln klappt besser als erwartet! Es macht großen Spaß! Und das Schönste: Die Landschaft.
Nach recht kurzer Zeit gelangen wir an eine alte Mühle, an der man mit dem Kajak anlegen muss und es ein paar Meter um die Mühle herum tragen muss. Für 5 złoty erledigen das auch Jugendliche, die sich Ihr Ferienbudget damit aufbessern.
Danach geht es weiter mit dem Paddeln. Die Landschaft, die an uns vorübergleitet, ist herrlich entspannend. Es ist ein bisschen wie im Märchen. Das klare kühle Wasser, das nur eine leichte Strömung hat, die sehr abwechslungsreiche Landschaft rundherum, kleine unerwartete Dinge wie eine Kuh, die uns plötzlich - im Wasser stehend - etwas irritiert anguckt, regelrechte «Raststätten» am Uferrand mit Anlegeplätzen und Eisverkauf, hochstehendes Schilf, die sich im Wasser spiegelnde Sonne - kurz: ein Traum. Nach unserer ersten Rast - wir hoffen, dass die Touristen sich möglichst alle an die Regeln halten, und die wunderschöne Natur nicht über das unumgängliche Maß mit Müll, Abstechern ins Schilf oder anderen zerstörenden Dingen beschädigen - stellt sich beim weiblichen Teil unserer Bootsbesatzung eine gewissen Entspannung ein. Paddeln muss daher der männliche Bootsdienst, der ja auch vorher für die längere Strecke plädiert hatte. Und spätestens hier stellt sich die Entscheidung für die «kurze Strecke» (wie gesagt: 12 Kilometer, etwa vier Stunden Fahrzeit) als richtig heraus:
Für untrainierte Paddler ist selbst das schon eine ordentliche Herausforderung. Wer es dann noch ein wenig schneller angehen lässt, darf auf einen ausgewachsenen Muskelkater am Abend zählen - durch Erfahrung bewiesen. Wir gleiten den Rest der Strecke, der immer weiter interessant bleibt, etwas langsamer dahin.
Unseren Anlegeplatz erkennen wir sofort und dort warten wir auch nur kurz auf einen Kleintransporter, der uns samt Wassergefährt wieder an den Ausgangsort zurückbringt. Wir sind erschöpft und glücklich - ein herrlicher Tag liegt hinter uns. Anschließend gönnen wir uns noch eine Dusche, etwas Ausruhzeit, einen Café und dann ein leckeres Abendessen.
Reisebericht Kanutour
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