Geschichte
Die Geschichte von Polen und Deutschland ist eng verknüpft. Die Ereignisse zur Zeit des Nationalsozialismus haben selbstverständlich Auswirkungen auf das heutige Verhältnis. Viele Bürger in Deutschland haben zudem eine polnische Vergangenheit, über die aber oft wenig bekannt ist. Wenn Sie das interessiert, sind Sie in diesem Artikel richtig - und lernen auch gleichzeitig viel über die heutige Situation.
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Einleitung
Die polnische Geschichte ist lang und reich an spannenden Phasen - und erst die Kenntnis dieser Geschichte ermöglicht das Verständnis des heutigen Landes in all seinen Facetten. Nicht nur das: Im europäischen Kontext - historisch und heute - hilft das Wissen über die Geschichte sehr viel weiter. Wir laden Sie ein, sich hier ein wenig in die Geschichte einzulesen. Wenn Sie Lust bekommen, haben, die Kenntnisse zu vertiefen, haben wir noch einige Literaturtipps in unserer Buchecke für Sie vorbereitet.
Die polnische Geschichte haben wir in aus unserer Sicht sinnvolle Phasen eingeteilt, die Sie der Reihe nach oder einzeln ansehen können. Variante Eins: Sie beginnen mit der unten stehenden Einleitung und klicken jeweils unten auf den Weiter-link. Variante Zwei: Sie wählen aus der Liste einfach aus, was Sie interessiert.
Geschichte ist kein roter Faden
Zur geschichtlichen Entwicklung gibt es immer verschiedene Interpretationen. Wenn die meisten historischen Eckdaten doch bewiesen sind, bleibt immer viel Raum für Auslegungen: Während manche das Land Polen schon immer als «zwischen die Mächte geraten» bezeichnen, andere schon die Grundanlage für ein «Bollwerk gegen den Osten» in der Steinzeit suchen und manch einer freundlicher von einer «ständigen Brücke zwischen Ost und West» spricht - solch einen roten Faden zu suchen, kommt immer einer Unterstellung gleich. Daher soll diese Darstellung hier so weit wie möglich wertfrei sein und sich ausschließlich auf historische Fakten stützen. Zugleich ist sie auch eine sehr kurze Zusammenfassung, die nicht alle parallelen Entwicklung darstellen kann, sondern nur wichtige «Highlights» herausgreift. Viele dieser «Highlights» sind für das Verständnis der polnischen Kultur ganz entscheidend. Und: Über die Lektüre dieses Textes hinaus lohnt sich die weitergehende Beschäftigung mit Literatur. Ob Sie das eher in Form von präzisen aber eher trockenen Geschichtsbüchern, oder mehr oder weniger genauer historischer Romanen tun möchten, bleibt Ihnen überlassen. In unserer Buchecke finden Sie - wie geschrieben - für jeden Fall einige Literaturtipps.
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Die erste Besiedlung des Bodens ab der Steinzeit und der erste polnische Staat
In der Steinzeit (Paläolitikum) kann man auf heutigem polnischen Boden erste Spuren menschlicher Besiedlung nachweisen. Besiedlung bedeutet, das will natürlich erklärt sein, dass nur vereinzelt Menschen angesiedelt waren. Ob dieser eher slawischer oder germanischer Herkunft waren, ist heute nicht verlässlich nachzuweisen. Die meisten Quellen sehen als erwiesen an, dass etwa 1.600 vor Christus kontinuierlich Menschen zuwanderten und die sogenannte «Trzcinieć-Kultur» entwickelten. Diese, so kann man annehmen, wurde in den meisten Gebieten auf heutigem polnischen Boden heimisch. Daraus bildete sich etwa 300 Jahre später die Grundlage der sogenannten «Lausitzer Kultur».Die meisten Wissenschaftler sind sich allerdings einig, dass die «Lausitzer Kultur» und die hinzuwandernden «Slawen» nicht in einem Zusammenhang zu bringen sind. Man kann davon ausgehen, dass die Slawen, die sich um die Zeitenwende ausgehend vom heutigen Litauen ausgebreitet haben, in die West- und Ostslawen einteilen lassen. Auf dem Gebiet zwischen Oder und Weichsel, die beiden Flüsse, die so prägend für die polnische Gebietshoheit waren und sind, siedelten Polanen (und andere slawische Stämme) und bildeten den ersten «polnischen Staat». Wirtschaftlich bestand aktiver Handel, insbesondere auf dem Flußweg mit Sklaven und Bernstein. Außerdem entstanden Anfänge einfacher politischer Organisation.
Zur Herkunft des Landesnamens: Der Begriff «Polen» bedeutet in etwa «Felder» und ist ab dem 10./11. Jahrhundert dokumentiert.
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Mieszko als Piastenfürst
Ende des 9. Jahrhunderts entstand Gniezno (erbaut Anfang des achten Jahrhunderts), ein erstes staatliches Zentrum auf dem heutigen Gebiet Großpolens. Gegründet vom Stamm der Polanen herrschte die Piastendynastie von einer mächtigen Burganlage aus. Viele umliegende Gebiete wurden erobert und dem Verbund einverleibt. Der erste bekannte piastische Fürst (beziehungsweise Herzog, beide Bezeichnungen sind möglich) ist Mieszko, der in den Jahren 960-992 herrschte. Allerdings kann man von wenigstens zwei Vorfahren-Fürsten (beziehungsweise Herzogen) ausgehen.
Im Jahr 963 gelang es Mieszko, militärisch nach Westen vorzustoßen, um sein Land weiter zu vergrößern. Gegen den sächsischen Markgrafen Gero geriet er in ein Abhängigkeitsverhältnis, er wurde tributpflichtig gegenüber dem «Deutschen Reich». Das «Deutsche Reich» hatte bereits vorher versucht, die slawischen Stämme an der Ostsee und der Elbe militärisch zu missionieren. Indem Herzog Mieszko eine böhmische Prinzessin zur Frau nahm (Prinzessin Dubravka, in einigen Quellen «Dobrawa») und sich 965 römisch-katholisch taufen ließ, begab er sich gewissermaßen an die Seite des «Deutschen Reiches» - und des Christentums.
Man kann darin eine frühe Westorientierung von Mieszko sehen, realistisch ist aber vielmehr, dass Mieszko lediglich eine gute Chance sah, sein Reich zu vergrößern und sich bessere Chancen gegenüber den anderen westslawischen Machthabern durch die deutsche Unterstützung zu sichern.
Wichtig: Das Denken in «nationalen Zusammenhängen» entstand erst sehr viel später - im Gegensatz zu heute war nationales Gedankengut kaum bekannt. Die meisten Stämme empfanden sich nicht als Nation und es war ihnen vergleichsweise egal, welcher Zugehörigkeit sie waren.
In jedem Fall kommt diese Entscheidung Mieszkos einer Art «offiziellen Christianisierung» des Landes gleich, weil er dann auch 990 sein Land religiös dem Papst unterstellt hat. Schon vorher, 968, gab es einen Bischof in Polen, der in Poznań seinen Sitz hatte. Unumstritten ist, dass hier Wurzeln von Polens Zugehörigkeit zum Katholizismus liegen. Allerdings lässt sich auch daraus - wie aufgeführt - keine eindeutige Westorientierung ablesen, weil 988 wiederum dem entgegenlaufend eine stärkere Ausrichtung auf das byzantinische orthodoxe Christentum erfolgte. Dies gilt unter den meisten Wissenschaftlern ebenfalls als rein pragmatisch orientierte Machtentscheidung, die sich nicht als Ablehnung des römisch-katholischen Westens interpretieren lässt.
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Bolesław als Mieszkos Nachfolger
992 übernahm Bolesław der Tapfere die Macht, nachdem Mieszko 990 starb. Er setzte sich gleich mehrfach durch: zuerst wurde er Herrscher, obwohl Mieszko mehrere Erben eingesetzt hatte. Dann schaffte er es, sich Macht und Eindruck zu verschaffen, indem er den Leichnam eines Bischofs aus Böhmen (Bischof Vojtech, auch Adalbert) kaufte, der als Märtyrer heiliggesprochen wurde und an dessen Grab sich Wunder ereignet haben sollen. Bischof Vojtech - Adalbert - wurde in Gnesen beigesetzt, und Gnesen wurde kirchliches Zentrum Polens. Bolesław gründete Bistümer und ein Erzbistum in Gnesen, einigte damit das Land und verschaffte sich außerhalb Anerkennung. Durch geschickte Heiratspolitik und erfolgreiche Kriegsführung erreichte Bolesław eine Erweiterung seines Reiches (auf das Milzener Land, die Lausitz, Meißen und Böhmen, Kiew und die Eingliederung der Tscherwenischen Burben). Er zog drei Mal gegen Heinrich II. in den Krieg und siegte mit dem Frieden von Bautzen. 1025 krönte sich Bolesław selbst zum König.Mieszko II, Bolesławs Sohn, musste sich 1033 dem römischen Kaiser wieder unterordnen und war nicht mehr König. 1038 eroberte Böhmen Schlesien und erbeutete den Leichnam Bischof Vojtechs. Nachdem die Kirche daraufhin zunächst durch von Heiden betriebene Revolten an Bedeutung verlor, schaffte im Jahr 1050 Kasimir der Erneuerer (der Starke) die Rückeroberung und sorgte auch für eine erneute «Missionierung». Er verlegte das politische Zentrum nach Krakau. Am Ende des 11. Jahrhunderts verlor Bolesław der Kühne (Boleslaw II.) jedoch endgültig die Königseigenschaft, die auch er sich zugesprochen hatte.
Polen in Provinzen im 12. Jahrhundert
Nach dem Tode Bolesław III. im Jahr 1138 zerfiel das Land - wie auch viele Nachbaarstaaten. Es gab zahlreiche Feudalherren, die sich immer mehr von der Zentralmacht lösten und Ihr eigenes kleines Reich aufbauten. Ihre Besitze bestanden nur deshalb recht sicher, weil auch im Umfeld nur recht kleine und schwache Mächte bestanden. Ursache für die Zersplitterung: Die herrschende Zentralgewalt existierte nicht mehr, nachdem die Piastenherrscher als Entgegenkommen gegenüber den Feudalherren ein sogenanntes Senioritätsprinzip einführten. Das bedeutete, dass mit jeder Generation der Piasten der Älteste zum «Senior» wurde und das größte Stück Land bekam. Die anderen Teile wurden unter den jüngeren Piasten aufgeteilt. Ergebnis war eine größere Instabilität durch die sich immer weiter aufsplitternde Landaufteilung.Trotz der Teilungen entwickelte sich die Wirtschaft sehr gut. Allerdings wurden, wie beschrieben, die Provinzen beziehungsweise Fürstentümer mit jeder Generation kleiner. Probleme bereiteten auch die immer wieder aufkommenden Angriffe von Prußen, Jadwingern und Litauern insbesondere in Masowien.
Nicht in zersplitterte Kleinkirchen aufgeteilt wurde dagegen die Kirche, die sich auf das kanonische (kirchliche) Recht festgelegt hatte, was bedeutet, dass sie vom Staat unabhängig Recht übte: Sie gewann nach und nach mehr eigene Rechte (steuerliche Entlastung, Immunität der Geistlichen, später auch Kassieren des Zehnten aus den Ländereien) und Einfluss. Überhaupt gab es erst im 14. Jahrhundert eine nicht-theologische Universität, woran deutlich wird, welche bedeutende Rolle die Kirche in der Geschichte Polens spielte.
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Die Rolle des «Deutschen Ordens» und Konrads von Masowien
Nach dem Scheitern der Christianisierung der Preußen - die geplante Christianisierung geschah im Interesse der Piasten, die diese auch mit missionarischen Kreuzzügen erreichen wollten - bezog Fürst beziehungsweise Herzog Konrad von Masowien als alleiniger Herrscher (das Senioritätsprinzip gab es nun nicht mehr) den «Deutschen Orden» in seine taktischen Planungen ein. Selbiger war nach seiner Gründung 1190 in Akkon nach Johannitern und Templern der Dritte der großen geistlichen Ritterorden der Kreuzzugszeit und wurde zu dieser Zeit durch den «Großmeister Hermann von Salza» geleitet. Der Orden hatte seinen Hauptsitz in Venedig. Im Vertrag von Kruschwitz 1230 wurde festgelegt, dass der Orden das von ihm eroberte preußische Land erhalten sollte. So sicherte sich Fürst (auch als Herzog bezeichnet) Konrad von Masowien militärische Unterstützung. Die Umsetzung erfolgte 1234: Preußen wurde getauft, der «Deutsche Orden» zog in die neu gebaute Marienburg am Unterlauf der Weichsel. Die Marienburg ist heute eine sehr interessante Sehenswürdigkeit in Polen, mehr Informationen dazu finden Sie auf unseren Reiseziel-Seiten.Die Unterstützung half zumindest militärisch: Der «Deutsche Orden» besiegte endgültig die Jadwinger. Strittig ist in der Interpretation, ob Konrad von Masowien den «Deutschen Orden» militärisch zur «Hilfe gerufen hat», oder ob er damit lediglich das Problem der «Heiden» in den Griff bekommen wollte. In jedem Fall gab es - bewusst oder unbewusst - im Rahmen der Einbeziehung des Ordens große politische Zugeständnisse an diesen, was später zu Konflikten zwischen Polen und dem «Deutschen Orden» führte. Konrad war davon ausgegangen, durch Einsatz des Ordens eine Beruhigung der Lage zu erreichen, er verstrickte sich aber stattdessen in Machtkonflikte mit dem «Deutschen Orden».
1343 brachte der Vertrag von Kalisż wieder etwas Ruhe in das gespannte Verhältnis zum «Deutschen Orden», weil die territorialen Ansprüche geregelt wurden.
Die Rolle der Tataren
In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts zogen die Tataren, Krieger aus dem Mongolischen Reich, durch Polen und zerstörten dabei Chmielnik bei Kraków (Krakau), Sandomir, Wrocław (Breslau) und Kraków (Krakau) selbst. Sie blieben allerdings nicht dort, so dass die Städte wieder neu aufgebaut werden konnten. Bei den Angriffen jedoch verloren die gemeinsam kämpfenden Deutschen und Polen sehr viele Krieger - unter anderem einen Großteil der großpolnischen und schlesischen Ritterschaft. Bis Ende des 13. Jahrhunderts plünderten die Tataren immer wieder in Polen und waren auch Besetzer des Landes.Die Rolle der Litauer
Die Litauer erstarkten nach der Zerstörung des Kiewer Reiches und bildeten den Tataren gegenüber eine fähige Gegenwehr. Die Litauer begannen nun, Polen zu plündern und zu überfallen - insgesamt 18 Raubzüge gab es von 1246 bis 1338.Vereinigung durch Władisław Łokietek und Kazimierz
Parallel dazu wurden Małopolska (Kleinpolen) und Wiełkopolska (Großpolen)von Władisław Łokietek vereinigt, der sich sechs Jahre danach zum Vierten König Polens krönte. Als fünfter König schaffte es sein Sohn Kazimierz, das Land in sich wieder zu einigen und administrative Bereiche zu vereinheitlichen. Er orientierte das Land wieder stärker in östliche Richtung, gab sogar Westgebiete zur Absicherung des gesamten Territoriums auf. Im Vertrag von Terntschin wurde festgelegt, und später im Vertrag von Visegrad bestätigt, dass Kazimierz auf Schlesien verzichtete. Schlesien hatte sich zuvor schon friedlich in Richtung Böhmen von Polen gelöst. Johann von Böhmen verzichtete dafür auf die polnische Krone. Wie wenig «Nationalbewusstsein» hier eine Rolle spielte, wird deutlich, wenn man die folgende Tatsache betrachtet: Auch nach dem endgültigen Verzicht Kazimierz auf Schlesien gab es noch sehr enge Verbindungen nach Polen, bei denen die Kirche eine große Rolle spielte. So blieb das Bistum Breslau zum Beispiel dem Erzbistum Gnesen untergeordnet.Auch wenn Masowien unter Kazimierz Polen zugeschlagen wurde, lässt sich diese Ostausweitung des Landes nur als kurze Phase der Geschichte feststellen: Da die Lehnsherrschaft Kazimierz personengebunden war und die Stärke des Landes nach seinem Tod wieder abnahm, hatte Polen 1384 wieder die gleichen Ostgrenzen wie vor den Ost-Erweiterungen Kazimierz.
Aber: Unter Kazimierz prosperierte das Land, es gab wirtschaftliche Fortschritte, einen intensiven Bau von massiven Gebäuden (statt Holzhäusern) und die Gründung der Universität Kraków (Krakau) im Jahr 1364. Diese wurde 1399 durch die Frau Jagiełłos, Königin Hedwig, neu gegründet und erhielt ihren heutigen Namen «Jagiełłonische Universität».