Toleranz, Boom, Republik, Künste - und die Schwächung des Staates

Das Goldene Zeitalter der polnischen Kultur lässt sich den Regierungsperioden der letzten beiden Jagiełłonen Sigismund I. (auch: Sigismund der Alte) und Sigismund II. (auch: August) von 1506 bis 1572 zuordnen. In dieser Zeit prosperierten religiöse Toleranz, innere und äußere Sicherheit und geistiges Leben. Zwar waren nicht alle Entwicklungen in dieser Zeit erfreulich, aber im Vergleich zu den vorhergehenden Verhältnissen und denen in den umgebenden Staaten kann man von einer positiv fortgeschrittenen Entwicklung sprechen. Es gab in Polen-Litauen sehr viele unterschiedliche Glaubensrichtungen, wobei der römisch-katholische Glaube die anderen Glaubensrichtungen leidlich tolerierte - viel für die damalige Zeit. Auch die jüdische Religion wurde lediglich toleriert und musste unter erheblichen Arbeits- und Aufenthaltsbeschränkungen leiden. Wie damals oft üblich, waren auch in Litauen-Polen Juden zuständig für die Geldgeschäfte, wovon Sie jedoch nicht unbedingt wohlhabend wurden: Sie mussten zahlen, wenn der Staat Geld brauchte - Ihre Rechte waren sehr, sehr begrenzt.

Die Wirtschaft im Goldenen Zeitalter

Wirtschaftlich profitierten die Adligen vom Getreide-Boom, die Bauern wurden durch den Machtzuwachs des Adels jedoch immer mehr zu Fronarbeitern und verloren so viele Rechte, dass sehr viele von Ihnen aus dem Land flüchteten. Ihr Fluchtziel waren unbesiedelte Randgebiete der Ukraine (u kraina = am Rande).

Die Politik im Goldenen Zeitalter

Politisch verwandelte sich die einstige Monarchie auf einem der zahlreichen Reichstage zu einer Republik, in der der Adel das Sagen hatte. Dieser Reichstag fand 1505 statt. Von nun an musste der von Adligen besetzte Sejm bei neuen Gesetzen seine Zustimmung geben und erhielt damit große Macht. 1569 legte ein Reichstag fest, dass Litauen und Polen gemeinsam regiert werden, eine gemeinsame Währung einsetzen und eine gemeinsame Außenpolitik betreiben. Die anderen machtrelevanten Dinge (Rechtssprechung, Finanzen, Verteidigung) blieben in den Teilstaaten. In diesem Zuge wurde auch das königliche Preußen an Polen angegliedert - eine nicht konfliktfreie Entscheidung.

Die Religion im Goldenen Zeitalter

Auf religiöser Ebene sorgte das Erstarken des Adels für Chancen des Protestantismus - zahlreiche Varianten des Protestantismus etablierten sich. Die Reformation führte zu einem Nebeneinander verschiedener Religions-Ausprägungen. 1565 wurde durch einen Reichstagsbeschluss die uneingeschränkte Glaubensfreiheit erreicht. Die kirchliche Gerichtsbarkeit (römisch-katholisch) war damit nicht mehr verbindlich, und durch das Studium vieler einflussreicher wohlhabender Familien an ausländischen Universitäten (vorrangig in Italien) kam ein buntes, sich gegenseitig befruchtendes Gedankengut ins Land: Humanistische, reformatorische und Renaissance-Denke fand Einzug in die zu dieser Zeit stark wachsende Anzahl von schriftlichen Publikationen. Die Gegenreformation wurde ab 1564 durch Stanislaw erfolgreich umgesetzt und auch durch den Wahlkönig Báthory unterstützt. Nach einem kurzen protestantischen Intermezzo fanden damit die meisten polnischen Adligen wieder zur katholischen Kirche zurück und Polen wurde wieder zur «katholischen Vorzeige-Nation».
Die Reformation führte aber auch zu steigender Judenfeindlichkeit. 1542 wurden sehr judenfeindliche synodale Beschlüsse gefasst. Dagegen gab es in Polen keine Inquisition, keine Hexenverfolgungen, keine Ketzerverfolgungen und keine Verbrennungen mit religiösem Hintergrund.

Die Zeit der Wahlkönige

Im Jahr 1573 wurde der erste polnische Wahlkönig bestimmt, nachdem Sigismund II. (auch: August) im Jahr 1572 starb. Gewählt wurde Heinrich von Valois, der weitere Rechte an die Adligen abtreten musste, um seine Macht zu erhalten. Heinrich von Valois flüchtete nach etwa einem Jahr nach Frankreich und wurde dort König. Gewählter polnischer König wurde daraufhin der Herzog (beziehungsweise Fürst) Siebenbürgens: Stefan Báthory. Unter ihm wurden den Juden einige wenige Rechte zugestanden, sie erhielten ein eigenes Parlament mit dem Recht zum Erheben von Steuern. Ebenfalls Rechte erhielten die Kosaken, die bereits vorher in das polnische militärische System einbezogen waren. Báthory förderte, wie gesagt, auch die Gegenreformation Stanislaws.

Die Schwächung des Staates

Wie sehr die Adelsrepublik durch ihre eigenen Regelungen, besonders das Vetorecht jedes einzelnen Adligen, geschwächt wurde, wird an folgendem Vorgang deutlich: Mehrere Aufstände der Kosaken sorgten dafür, dass sie durch Entzug von Rechten bestraft werden sollten. 1648 wurden sie offizielle «Feinde Polens». Der kleinadlige Bogdan Chmielnicki nutzte deren Unmut und initiierte einen Aufstand, der die orthodoxen Kosaken gemeinsam mit orthodoxen Bauern (die ja in der römisch-katholischen Vorherrschaft wenige Rechte hatten, als Bauern sowieso) in einen dreijährigen Krieg gegen die Adligen, Geistlichen und Juden führte. Dabei starben unter Chmielnickis Führung viele Adlige, Geistliche und Juden. Der geplante Vertrag im Anschluss an diesen Krieg sollte festlegen, dass Kiew an die Kosaken fallen sollte und 20.000 Kosaken im Dienst Polens bleiben sollten. Ein Adliger widersprach jedoch diesem Vertrag, das Vetorecht sorgte daher für ein Nicht-Zustandekommen des Vertrages.
Deutlich wird, dass diese Regelung zu einer starken politischen Schwächung Polens führte: Irgendein Adliger ließ sich immer vor den Karren der Interessen eines konkurrierenden Staates spannen, der ein Interesse an einem Konflikt hatte, der Polen schwächen könnte. Wer das sein konnte? Konkurrenten Polens waren damals beispielsweise die Habsburger in Österreich oder die Bourbonen in Frankreich.

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