Geschichte
Die Geschichte von Polen und Deutschland ist eng verknüpft. Die Ereignisse zur Zeit des Nationalsozialismus haben selbstverständlich Auswirkungen auf das heutige Verhältnis. Viele Bürger in Deutschland haben zudem eine polnische Vergangenheit, über die aber oft wenig bekannt ist. Wenn Sie das interessiert, sind Sie in diesem Artikel richtig - und lernen auch gleichzeitig viel über die heutige Situation.
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Die strategisch wichtige Hochzeit von Hedwig und Jagiełło
Kazimierz blieb kinderlos, der folgende König wurde Ludwig von Ungarn. Er regierte von Ungarn aus und machte Zugeständnisse an den Adel durch den Vertrag von Kaszau im Jahr 1374: Damit erreichte er, dass seine Töchter Hedwig und Maria die Thronfolge übernehmen durften. Die Zugeständnisse beinhalteten sehr starke Rechte und Priviligien für den Adel.Strategisch versuchte der erstarkte Adel, nun bereits Vorbereitungen für die eigenen territorialen Interessen in Richtung Südosten zu treffen. Daraus entstand der Plan, Hedwig mit dem litauischen Großfürsten Jagiełło zu verheiraten, um eine schlagkräftige Verbindung zwischen Litauen und Polen zu erreichen. Das gelang, obwohl der Altersunterschied zwischen Hedwig und Jagiełło 20 Jahre betrug und Jagiełło sich dafür römisch-katholisch taufen lassen musste. Mit dieser Heirat wurden auch die Interessen der anderen mächtigen Akteure wie der Missionare (Franziskaner) und dem deutschen Vogt von Wilna bedient. Die Hochzeit war 1385.
Jagiełło machte seine Versprechungen - die Rückeroberung des südöstlichen Territoriums - wahr. Polen und Litauen waren damit christlich und offiziell zu einem Land zusammengeführt, die Bevölkerung war aber sehr heterogen. Gemeinsam mit dem «Deutschen Orden» versuchte der Vetter Jagiełłos, Witold, noch eine weitere territoriale Erweiterung für den eigenen Machtzuwachs: Er griff die Tataren an und wollte auf diese Weise Moskau einnehmen. Sein Ziel war, Moskau durch einen von ihm kontrollierten Khan regieren zu lassen. Dieser Angriff misslang. Damit musste Witold, wie auch alle anderen Machthaber, Jagiełło als Herrscher akzeptieren - auch nach dem Tod Hedwigs im Jahr 1399. Für den «Deutschen Orden» galt Litauen noch nicht als christlich - man wollte dort weiter missionieren.
Als Jagiełło sich zu diesen, «Reisen» genannten, Missions-Feldzügen nach Litauen nicht neutral stellen wollte, erklärte der «Deutsche Orden» Polen den Krieg. Der «Deutsche Orden» unterlag militärisch im Jahr 1410 bei den Schlachten von Tannenberg und Grünfelde/Grunwald dem polnisch-litauischen Heer. Kurz danach regulierte der Friede zu Torun (Thorn) im Jahr 1411 die Verhältnisse. Dazu sorgten die Ausgleichszahlungen des «Deutschen Ordens» für den ersten und zweiten Frieden von Torun (1466) für die zunehmende politische Bedeutungslosigkeit des Ordens in Polen: Der «Deutsche Orden» wurde schlichtweg finanziell überfordert und musste daher auch territoriale Zugeständnisse machen.
Übrigens wurde dieser Sieg des polnisch-litauischen Heeres erst viel später als ideologisches Problem verklärt: Es war weder ein deutsch-polnischer Krieg, noch wurde daran die militärische Überlegenheit einer Nation deutlich. Dies kann man sagen, weil es nicht um eine nationale, sondern um eine machtbezogene Frage ging und weil auf beiden Seiten nicht Nationen, sondern lediglich Interessengruppen kämpften.
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Toleranz, Boom, Republik, Künste - und die Schwächung des Staates
Das Goldene Zeitalter der polnischen Kultur lässt sich den Regierungsperioden der letzten beiden Jagiełłonen Sigismund I. (auch: Sigismund der Alte) und Sigismund II. (auch: August) von 1506 bis 1572 zuordnen. In dieser Zeit prosperierten religiöse Toleranz, innere und äußere Sicherheit und geistiges Leben. Zwar waren nicht alle Entwicklungen in dieser Zeit erfreulich, aber im Vergleich zu den vorhergehenden Verhältnissen und denen in den umgebenden Staaten kann man von einer positiv fortgeschrittenen Entwicklung sprechen. Es gab in Polen-Litauen sehr viele unterschiedliche Glaubensrichtungen, wobei der römisch-katholische Glaube die anderen Glaubensrichtungen leidlich tolerierte - viel für die damalige Zeit. Auch die jüdische Religion wurde lediglich toleriert und musste unter erheblichen Arbeits- und Aufenthaltsbeschränkungen leiden. Wie damals oft üblich, waren auch in Litauen-Polen Juden zuständig für die Geldgeschäfte, wovon Sie jedoch nicht unbedingt wohlhabend wurden: Sie mussten zahlen, wenn der Staat Geld brauchte - Ihre Rechte waren sehr, sehr begrenzt.Die Wirtschaft im Goldenen Zeitalter
Wirtschaftlich profitierten die Adligen vom Getreide-Boom, die Bauern wurden durch den Machtzuwachs des Adels jedoch immer mehr zu Fronarbeitern und verloren so viele Rechte, dass sehr viele von Ihnen aus dem Land flüchteten. Ihr Fluchtziel waren unbesiedelte Randgebiete der Ukraine (u kraina = am Rande).Die Politik im Goldenen Zeitalter
Politisch verwandelte sich die einstige Monarchie auf einem der zahlreichen Reichstage zu einer Republik, in der der Adel das Sagen hatte. Dieser Reichstag fand 1505 statt. Von nun an musste der von Adligen besetzte Sejm bei neuen Gesetzen seine Zustimmung geben und erhielt damit große Macht. 1569 legte ein Reichstag fest, dass Litauen und Polen gemeinsam regiert werden, eine gemeinsame Währung einsetzen und eine gemeinsame Außenpolitik betreiben. Die anderen machtrelevanten Dinge (Rechtssprechung, Finanzen, Verteidigung) blieben in den Teilstaaten. In diesem Zuge wurde auch das königliche Preußen an Polen angegliedert - eine nicht konfliktfreie Entscheidung.Die Religion im Goldenen Zeitalter
Auf religiöser Ebene sorgte das Erstarken des Adels für Chancen des Protestantismus - zahlreiche Varianten des Protestantismus etablierten sich. Die Reformation führte zu einem Nebeneinander verschiedener Religions-Ausprägungen. 1565 wurde durch einen Reichstagsbeschluss die uneingeschränkte Glaubensfreiheit erreicht. Die kirchliche Gerichtsbarkeit (römisch-katholisch) war damit nicht mehr verbindlich, und durch das Studium vieler einflussreicher wohlhabender Familien an ausländischen Universitäten (vorrangig in Italien) kam ein buntes, sich gegenseitig befruchtendes Gedankengut ins Land: Humanistische, reformatorische und Renaissance-Denke fand Einzug in die zu dieser Zeit stark wachsende Anzahl von schriftlichen Publikationen. Die Gegenreformation wurde ab 1564 durch Stanislaw erfolgreich umgesetzt und auch durch den Wahlkönig Báthory unterstützt. Nach einem kurzen protestantischen Intermezzo fanden damit die meisten polnischen Adligen wieder zur katholischen Kirche zurück und Polen wurde wieder zur «katholischen Vorzeige-Nation».Die Reformation führte aber auch zu steigender Judenfeindlichkeit. 1542 wurden sehr judenfeindliche synodale Beschlüsse gefasst. Dagegen gab es in Polen keine Inquisition, keine Hexenverfolgungen, keine Ketzerverfolgungen und keine Verbrennungen mit religiösem Hintergrund.
Die Zeit der Wahlkönige
Im Jahr 1573 wurde der erste polnische Wahlkönig bestimmt, nachdem Sigismund II. (auch: August) im Jahr 1572 starb. Gewählt wurde Heinrich von Valois, der weitere Rechte an die Adligen abtreten musste, um seine Macht zu erhalten. Heinrich von Valois flüchtete nach etwa einem Jahr nach Frankreich und wurde dort König. Gewählter polnischer König wurde daraufhin der Herzog (beziehungsweise Fürst) Siebenbürgens: Stefan Báthory. Unter ihm wurden den Juden einige wenige Rechte zugestanden, sie erhielten ein eigenes Parlament mit dem Recht zum Erheben von Steuern. Ebenfalls Rechte erhielten die Kosaken, die bereits vorher in das polnische militärische System einbezogen waren. Báthory förderte, wie gesagt, auch die Gegenreformation Stanislaws.Die Schwächung des Staates
Wie sehr die Adelsrepublik durch ihre eigenen Regelungen, besonders das Vetorecht jedes einzelnen Adligen, geschwächt wurde, wird an folgendem Vorgang deutlich: Mehrere Aufstände der Kosaken sorgten dafür, dass sie durch Entzug von Rechten bestraft werden sollten. 1648 wurden sie offizielle «Feinde Polens». Der kleinadlige Bogdan Chmielnicki nutzte deren Unmut und initiierte einen Aufstand, der die orthodoxen Kosaken gemeinsam mit orthodoxen Bauern (die ja in der römisch-katholischen Vorherrschaft wenige Rechte hatten, als Bauern sowieso) in einen dreijährigen Krieg gegen die Adligen, Geistlichen und Juden führte. Dabei starben unter Chmielnickis Führung viele Adlige, Geistliche und Juden. Der geplante Vertrag im Anschluss an diesen Krieg sollte festlegen, dass Kiew an die Kosaken fallen sollte und 20.000 Kosaken im Dienst Polens bleiben sollten. Ein Adliger widersprach jedoch diesem Vertrag, das Vetorecht sorgte daher für ein Nicht-Zustandekommen des Vertrages.Deutlich wird, dass diese Regelung zu einer starken politischen Schwächung Polens führte: Irgendein Adliger ließ sich immer vor den Karren der Interessen eines konkurrierenden Staates spannen, der ein Interesse an einem Konflikt hatte, der Polen schwächen könnte. Wer das sein konnte? Konkurrenten Polens waren damals beispielsweise die Habsburger in Österreich oder die Bourbonen in Frankreich.
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Religiöse Konflikte, Reformen und Patriotismus
Letztlich war es aber gar nicht die eben genannte Schwächung des Staates durch die eigenen Regeln wie das Vetorecht, die zur ersten Teilung des Landes führte. Vielmehr waren es religiöse Konflikte im Land, die dafür sorgten: Die sogenannten «Dissidenten», das waren etwa 17 bis 18 Prozent nicht katholische Einwohner, wurden immer weniger akzeptiert und durften seit 1718 nicht mehr an den Reichstagen teilnehmen. Russland wollte 1768 erzwingen, dass ein «Toleranztraktat» ratifiziert werden sollte, welches die religiöse Intoleranz zumindest beseitigen sollte. Katholiken griffen daraufhin russische Truppen an und sorgten für vierjährige blutige Auseinandersetzungen. Die Kämpfe verlagerten sich auf türkisches Gebiet, was zu einer politisch-militärischen Problemsituation führen musste - gerade auch für Preußen und Österreich. Im Jahr 1772 wurde auf Vorschlag Friedrich II. ein Teil von Polens Gebiet abgeteilt und vertraglich gesichert, im Jahr 1773 musste Polen dieses Gebiet offiziell abtreten.Polens Reaktion auf die erste Teilung. Und wie es zur zweiten Teilung kam
Polen als immer noch einwohnerstarkes und großes (7,5 Mio. Einwohner, 530.000 qkm Fläche) Land war aufgerüttelt und strengte Reformen an: Die Modernisierung des Bildungswesens, die Auflösung des Jesuitenordens und die Gründung von durch Festgehälter vor Korruption besser gesicherten Ministerien im Zusammenhang mit der schwächeren Rolle des Königs als Präsident des Regierungsrates sorgten für ein weiter beschleunigtes Reformtempo. Auf dem «Vierjährigen Reichstag» im Jahr 1788 beschloss Polen die Verstärkung des Heeres (auf 100.000 Soldaten, von vorher 30.000) und zog damit den Unmut Russlands auf sich. Der 3. Mai 1791 war der Tag, an dem die neue, reformierte Verfassung im Reichstag verabschiedet wurde - eine Provokation für Russland und nun auch Preußen wie Österreich. Die einmarschierenden russischen Truppen hatten nach zwei Monaten den Kampf für sich entschieden und Katharina II. von Russland teilte Polen erneut in Absprache mit Preußen und Österreich - 1793 gab es einen Teilungs- und etwas später einen Abtretungsvertrag.Polens Reaktion auf die zweite Teilung. Und wie es zur dritten Teilung kam
Preußen und Russland wollten die polnischen Truppen auf 15.000 Soldaten verringern. Tadeusz Kościusko, ein Patriot aus Polen, probierte 1794 den Aufstand und rief sich zum Diktator aus. Er erzielte erstaunliche Erfolge, trotz der Schwäche seiner Truppen, und eroberte drei Viertel des nun russisch vereinnahmten Gebietes zurück. Im Anschluss an den letztendlichen Sieg Russlands nach mehreren Kampfmonaten (zuletzt ging es noch um die Verteidigung Warszawas (Warschaus)) war dies der Auslöser für die dritte Teilung im Jahr 1795. Insgesamt gelangte der größte Teil Polens an Russland, während Österreich zwar weniger Land als Preußen erhielt, welches jedoch dichter besiedelt war.- Details
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Napoleons und andere Interessen an Polen
Ziel der Polen nach der dritten Teilung, die im Jahr 1795 vollzogen wurde, war, das Land wieder zu einigen. Dazu unterstützte man Frankreich in der Revolution. Parallel wollte der polnische General Jan Henryk Dąbrowski Preußen auf seine Seite ziehen, um gegen Russland stark zu werden. Das misslang. Ebenfalls misslang der anfangs erfolgversprechende Versuch Adam Jerzy Czartoryskis als Außenminister (und Vertrauter des russischen Zaren Alexander I.) etwa von 1802 bis 1806, diesen strategischen Weg «über Russland» zur Einigung zu beschreiten.Die Situation war besonders für die in den preußisch besetzten Gebieten lebenden Polen schlecht, während in den russisch besetzten Gebieten die polnische Bevölkerung relativ autonom und wenig eingegrenzt lebte. Polen unterstützte Napoleon auf seinen Feldzügen gegen Preußen. Bereits 1806 waren nach Napoleons Siegen alle Preußen aus den besetzten Gebieten vertrieben. Jedoch revanchierte sich Napoleon nicht gerade mit besseren Bedingungen: Er setzte den «Code Napoleon», sein großes Gesetzwerk (bestehend aus Zivilrecht und Strafrecht, Code civil und Code pénal) zur Stärkung des Vaters in der Familie und vor allem der «Gleichheit vor dem Gesetz», durch. Aber nach dem Tilsiter Frieden von 1807 realisierte er eine «Bauernbefreiung», die die Lebensbedingungen für die Bauern extrem verschlechterte. Sein neu eingeführtes Verwaltungssystem bündelte die gesamte Macht bei einem Adligen, einem Großherzog samt Regierungsapparat. Territorial schuf er zunächst das Großherzogtum Warszawa (Warschau), das mit 2,6 Mio. Einwohnern wirklich nennenswert war - und die Stadt Gdańsk (Danzig) als freie Stadt. 1809, nach dem Frieden von Schönbrunn, wurde Österreichs Teil aus der dritten Teilung dem Großherzogtum Warszawa zugeschlagen.
Napoleons Feldzug gegen Russland wurde von rund 100.000 Polen unterstützt. Nach Napoleons Niederlage regelte der Wiener Kongress die Neuaufteilung auch des polnischen Territoriums - ein großer Teil des Großherzogtums (82 Prozent) wurde zum «Königreich Polen», das auf ewig Russland zugeschlagen werden sollte. Ein kleinerer Teil im Westen (8 Prozent) gelangte unter preußische Herrschaft, Krakau als freie Stadt wurde unter den Teilungsmächten aufgeteilt. Die restlichen 10 Prozent Polens gingen an Österreich.
Im russisch besetzten Gebiet: Aufstände, Fort- und Rückschritte
Insgesamt entwickelte sich die gesellschaftliche Ordnung und die Freiheit der Polen in dieser Situation positiv. Doch ein Aufstand des Militärs, das Bedenken hatte, zur Niederschlagung der Revolutionen in Frankreich und Belgien hinzugezogen zu werden, veränderte 1830 noch einmal einiges. Das Militär überraschte die Russen und nahm Warszawa (Warschau) ein. General Józef Chłopicki übernahm die Führung und versuchte, mit den Russen zu verhandeln. Dies scheiterte aufgrund der Vorstellungen Russlands - Russland wollte nämlich dennoch weiterhin herrschen, ohne einen militärischen Anspruch darauf zu haben. Die polnischen Truppen waren allerdings zunehmend uneinig, besonders die Bauern fühlten Ihre Interessen nicht berücksichtigt und sonderten sich von den polnischen Truppen ab. Daher siegten letztlich doch noch die Russen, auch wenn die Polen im restlichen Europa aufgrund dieses überraschend erfolgreichen Kampfs gegen Russland populär wurden und Sympathien gewannen. Schlecht für die Zivilgesellschaft in Polen: Die gesellschaftlichen und politischen Fortschritte der Zeit davor waren wieder verloren. Im Gegenteil ergriffen die Russen recht drastische Maßnahmen zur Sicherung ihrer Herrschaft: Nachdem der Belagerungszustand 1833 erklärt wurde, wurde 1837 das russische Regierungssystem etabliert. 45.000 polnische Familien wurden nach Russland (hauptsächlich in den Kaukasus und nach Sibirien) umgesiedelt, dafür kamen Russen in die polnischen Gebiete. Damit war das Ziel erreicht, die russische Herrschaft gesellschaftlich zu verankern.1863 gab es einen weiteren Aufstand gegenüber Russland. Über ein Jahr lang hofften die militärisch unterlegenen Polen auf Eingriffe Preußens oder Österreichs - ohne Erfolg: Preußen und Österreich hatten in dieser Zeit andere Interessen. Nach der Niederlage wurden die Polen im russisch besetzten Gebiet sehr stark bestraft und mit Repressionen belegt. Es gab zahlreiche Hinrichtungen, Anordnungen von Zwangsarbeit, Verschickungen nach Sibirien und in Strafkompanien sowie finanzielle Schädigungen durch Enteignung.
Im preußisch besetzten Gebiet: Allmähliche Angliederung an Preußen - und später gesellschaftliche Entfernung
Im preußisch besetzten Gebiet gab es keine Kämpfe, aber trotz formaler «Liberalität» auch keine nennenswerten politischen oder gesellschaftlichen Fortschritte. Unter Eduard Flottwell, dem dritten Präsidenten des Großherzogtums Pożnan, wurde der Adel geschwächt und im Gegenzug wurden Bauern und Bürger gestärkt. Zahlreiche gesellschaftliche Bereiche wurden germanisiert, zehn Prozent des Großgrundbesitzes wurden an Deutsche verkauft. Der Katholizismus wurde gezielt gestärkt und kleinere Aufstandsversuche wurden unterdrückt. 1848 kam es zu einer Revolution, nachdem die zunächst polenfreundliche Entwicklung bei den Preußen kippte, als Polen politisch und militärisch erstarkte. Die Polen mussten im Mai 1948 kapitulieren. In der folgenden Zeit wurde die politische Einflußnahme der Polen immer weiter zurückgedrängt. Um 1870 begann Bismarck, der der «Polen-Frage» hohen Stellenwert beimaß, einen Kulturkampf: Er wollte Polen vollständig germanisieren, um eventuelle Gefahren aus dem polnischen Nationalismus zu vermeiden. Durch eine falsche Einschätzung der Machtverhältnisse und der geistigen Träger des Landes misslang dieses Vorhaben und erreichte das Gegenteil - es stärkte das polnische Nationalgefühl. Die Kirche etablierte sich, dank der kirchenfeindlichen Aktivitäten Preußen-Deutschlands, wieder als «eigentliche Nation Polens» - eine echte Volkskirche, die zum Symbol der polnischen Nation wurde.Im österreichisch besetzten Gebiet: Langsame Erholung
Besonders wenig Rechte aber hatten die Polen im österreichisch besetzten Gebiet. Hier herrschte große Unzufriedenheit. Im Jahr 1846 kam es zu einem Aufstand der Bauern gegen die Adligen. Folgend gelang es den Polen, allmählich etwas politischen Einfluß zu erreichen, und die Bauern wurden von den Pflichtdiensten für die Adligen entlastet. Zu mehr bäuerlichen Wohlstand führte das allerdings nicht.Um 1870 erstarkte die polnische Kultur in diesem Gebiet wieder durch die Bemühungen des Statthalters Graf Agenor Gołuchowski: So wurden die Amtssprache wie auch die Verwaltung und das Schulwesen wieder «Polnisch». Darunter litten allerdings die Ukrainer, die bevölkerungsmäßig beinahe genau so viele Einwohner stellten.
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Eine Frage der Perspektive: Polens Rolle im ersten Weltkrieg
Polens Rolle im ersten Weltkrieg ist immer auch eine Frage der Perspektive: Russland versprach Polen eine Freiheit unter russischer Herrschaft, Deutschland warb ebenfalls mit politischer und religiöser Freiheit, wenn die Polen Deutschland gegen Russland unterstützten und Österreich versprach den Polen in den von Österreich besetzten Gebieten eine Vereinigung der beiden Länder.In Polen selbst gab es zwei wichtige Parteien: Die polnischen Sozialisten (geführt von Józef Piłsudski) strebte nach Unabhängigkeit Polens. Dazu wählte er taktisch Partnerschaften. Die Nationaldemokraten (geführt von Roman Dmowski) orientierten sich an Russland, waren dabei aber weniger erfolgreich als die Sozialisten. Diese waren am Krieg erfolgreich beteiligt, wurden sogar 1. Brigade der Westlichen Legion in der Österreichisch-Ungarischen Armee und verschafften sich so Respekt. Piłsudski konnte sich allerdings gegenüber Deutschland und Österreich nicht mit seinen Forderungen nach einer Selbstständigkeit Polens durchsetzen, sein kleiner Erfolg war die Gründung eines «Provisorischen Staatsrats», in dem er für militärische Aspekte zuständig war. Weitergehende Forderungen wurden nicht erfüllt, so dass Piłsudski sich entschloss, gegen Deutschland und Österreich zu agieren. Er wurde daraufhin verhaftet und so zum polnischen Märtyrer. Nach einigen Irritationen nach der Oktoberrevolution (Aufstand der russischen kommunistischen Bolschewiki gegen die Menschewiki 1917), in denen Polen um die dem Land zustehende Eigenständigkeit gebracht werden sollte, kam zunächst Dmowski als Kandidat für die Führung Polens in Frage. Als Piłsudski 1918 entlassen wurde (er war in Deutschland, in Magdeburg, gefangen gehalten worden), übernahm er umgehend die Führung Polens.
Neue Grenzen nach dem 1. Weltkrieg
Vorläufig übernahm der Sejm 1919 die Führung und Piłsudski war nur noch Staatschef - bis zur Verabschiedung der Verfassung. Nach zähen Verhandlungen des alliierten Grenzentwurfs und einigen Aufständen zur Veränderung der Grenzvorschläge gab es Abstimmungen zur nationalen Zuordnung der Gebiete. Dabei fielen in West- und Ostpreußen die meisten Orte an Deutschland, Oberschlesien wurde geteilt. Zufrieden war mit dieser Aufteilung keine Seite und es gab fortdauernde Spannungen. 1920 versuchte Piłsudski eine Ost-Erweiterung - mit erstaunlichem Erfolg: Vertraglich erreichte er eine östlichere Grenzziehung, dann griff er mit antikommunistischer Unterstützung aus der Ukraine die Ukraine an. Kiew wurde eingenommen und kurz darauf wieder verloren. Als das sowjetische Militär schon fast bei Warszawa (Warschau) stand, griff Piłsudski noch einmal im Norden erfolgreich an. 1921 schloss man den Frieden von Riga, der eine östlichere Grenze festlegte, die aber nach Piłsudskis Vorstellungen nicht ausreichte. Kurz darauf konnte er noch einmal Wilna erobern. Dies führte zur Aussetzung der polnisch-litauischen Beziehungen für 18 Jahre und erklärt das heute noch problematische Verhätnis der beiden Länder zu einem Teil.1922 hatte Piłsudski so stark an Rückhalt in der Bevölkerung verloren, dass er sich zum Rücktritt gezwungen sah. Ein Grund war auch die erhebliche Geldentwertung in Polen. Auch die Regierung Grabski (1923 bis 1925) bremste die Inflation nicht. Die wirtschaftliche Situation war prekär, weil die Landwirtschaft (primärer Sektor) die Menschen nicht ernähren konnte - und für den Aufbau von Industrie (sekundärer Sektor) fehlte das Geld und die Zeit.
Piłsudski hatte unter diesen Bedingungen mit seinem Putsch 1926 Erfolg. Bis zu seinem Tod 1935 grenzte er die Macht des Sejm immer weiter ein und schuf Repressionen für politische Gegner. Auch die drei Nachfolger Piłsudskis (Mościcki, Rydz-Śmigły, Beck) regierten autoritär. 1939 lehnte Beck Hitlers Angebot ab, einen deutschen Korridor durch Polen zu akzeptieren und dafür geschützt zu werden. Hitler begann daraufhin am 1. September 1939 den Angriff auf Polen, zuvor inszenierte er einen polnischen Überfall auf einen deutschen Sender in Gleiwitz.