Religiöse Konflikte, Reformen und Patriotismus

Letztlich war es aber gar nicht die eben genannte Schwächung des Staates durch die eigenen Regeln wie das Vetorecht, die zur ersten Teilung des Landes führte. Vielmehr waren es religiöse Konflikte im Land, die dafür sorgten: Die sogenannten «Dissidenten», das waren etwa 17 bis 18 Prozent nicht katholische Einwohner, wurden immer weniger akzeptiert und durften seit 1718 nicht mehr an den Reichstagen teilnehmen. Russland wollte 1768 erzwingen, dass ein «Toleranztraktat» ratifiziert werden sollte, welches die religiöse Intoleranz zumindest beseitigen sollte. Katholiken griffen daraufhin russische Truppen an und sorgten für vierjährige blutige Auseinandersetzungen. Die Kämpfe verlagerten sich auf türkisches Gebiet, was zu einer politisch-militärischen Problemsituation führen musste - gerade auch für Preußen und Österreich. Im Jahr 1772 wurde auf Vorschlag Friedrich II. ein Teil von Polens Gebiet abgeteilt und vertraglich gesichert, im Jahr 1773 musste Polen dieses Gebiet offiziell abtreten.

Polens Reaktion auf die erste Teilung. Und wie es zur zweiten Teilung kam

Polen als immer noch einwohnerstarkes und großes (7,5 Mio. Einwohner, 530.000 qkm Fläche) Land war aufgerüttelt und strengte Reformen an: Die Modernisierung des Bildungswesens, die Auflösung des Jesuitenordens und die Gründung von durch Festgehälter vor Korruption besser gesicherten Ministerien im Zusammenhang mit der schwächeren Rolle des Königs als Präsident des Regierungsrates sorgten für ein weiter beschleunigtes Reformtempo. Auf dem «Vierjährigen Reichstag» im Jahr 1788 beschloss Polen die Verstärkung des Heeres (auf 100.000 Soldaten, von vorher 30.000) und zog damit den Unmut Russlands auf sich. Der 3. Mai 1791 war der Tag, an dem die neue, reformierte Verfassung im Reichstag verabschiedet wurde - eine Provokation für Russland und nun auch Preußen wie Österreich. Die einmarschierenden russischen Truppen hatten nach zwei Monaten den Kampf für sich entschieden und Katharina II. von Russland teilte Polen erneut in Absprache mit Preußen und Österreich - 1793 gab es einen Teilungs- und etwas später einen Abtretungsvertrag.

Polens Reaktion auf die zweite Teilung. Und wie es zur dritten Teilung kam

Preußen und Russland wollten die polnischen Truppen auf 15.000 Soldaten verringern. Tadeusz Kościusko, ein Patriot aus Polen, probierte 1794 den Aufstand und rief sich zum Diktator aus. Er erzielte erstaunliche Erfolge, trotz der Schwäche seiner Truppen, und eroberte drei Viertel des nun russisch vereinnahmten Gebietes zurück. Im Anschluss an den letztendlichen Sieg Russlands nach mehreren Kampfmonaten (zuletzt ging es noch um die Verteidigung Warszawas (Warschaus)) war dies der Auslöser für die dritte Teilung im Jahr 1795. Insgesamt gelangte der größte Teil Polens an Russland, während Österreich zwar weniger Land als Preußen erhielt, welches jedoch dichter besiedelt war.